Toya starrte Shinbe erschrocken an. Er konnte sich nicht bewegen. Er wusste, er konnte seine Zwillingsdolche nicht verwenden⦠wenn er das täte, würde er seinen Bruder umbringen. Seine Augen bluteten in geschmolzenem Silber, als er seinen Blick auf seinen Bruder richtete. âWas hast du gerade gesagt? Willst du mir sagen, dass 'du' Kyoko willst?â Toya knurrte, als er hinzufügte: âDu bist nichts als ein lüsterner Beschützer. Kyoko würde dich nie wollen!â Er machte einen Schritt auf Shinbe zu.
Shinbe duckte sich unter Toyas Arm aber blieb stehen. âMeinst du, sie wird dich immer noch wollen, wenn alles, was du tust, ist, sie zu kontrollieren und so zu tun, als wären dir ihre Gefühle völlig egal?â Er duckte sich unter einem weiteren von Toyas Angriffen durch und lachte. âDu wirst langsamâ¦â Seine Stimme wurde düsterer: âOder habe ich einen Nerv getroffen?â
Toya stand da und starrte Shinbe an. Wieso er die Zwillingsdolche nicht rief, das wusste er nicht. Aber er wollte unbedingt Shinbes Blut flieÃen sehen. Er brauchte die Messer dafür nicht. âDu hast kein Recht, darüber zu reden, was ich tue.â Toyas Stimme war tödlich als er seinen Kopf senkte, seine Strähnen verdeckten den roten Ton, der sich zu dem Silber mischte, das sich in seinen Augen breit gemacht hatte.
Shinbe hob eine Augenbraue. âHa, also habe ich einen Nerv getroffen. Wie interessant. Der silberne Beschützer hat Gefühle⦠für seine Priesterin. Aber du hast kein Recht, Kyoko zu sagen, wen sie küssen darf. Immerhin, wie sie sagte, hat sie keinen Freund. Also so wie ich das sehe, darf jeder sein Glück bei ihr versuchen.â Shinbe zuckte die Schultern und drehte sich um, um zum Schrein zu sehen.
Toya wartete einen Moment, ehe er Shinbe ansprang. âVerdammt, dreh mir nicht den Rücken zu!â Er traf Shinbe hart, sodass er stolperte und sein Stab über die Lichtung flog.
Shinbe rollte sich schnell weg und stand dann sofort wieder auf, um Toya wieder zu begegnen. Sein langes, dunkelblaues Haar bewegte sich im Wind und seine violetten Augen glühten gefährlich. Beide Beschützer waren einen Moment lang still, als sie einander wütend gegenüber standen. Das Gras um sie und um die Jungfernstatue glitzerte mit einer unbemerkten Aura, die der Feind hinterlassen hatte.
Unbewaffnet und im Nachteil hob Shinbe seine Hände vor sich, die Flächen nach oben, und rief seine Beschützerkräfte. Die Felsbrocken um sie herum begannen, sich vom Boden zu heben, in dem sie so lange gefangen gewesen waren. Er wusste, dass er nicht die Zeit haben würde, den Zauber zu Ende zu bringen, als Toya ihn wieder angriff. Er versuchte, auszuweichen, aber fühlte, wie seine Beine nachgaben, als er auf der Jungfernstatue auftraf.
Die schweren Steine fielen wieder zurück zu Boden, als Toya in ihn stürzte und ihn an der Kehle ergriff. Shinbe ergriff Toyas Hemd als sie beide in einen See aus warmem, blauem Nebel stolperten.
Anstatt mit einem Krachen aufzukommen, wie Shinbe erwartet hatte, fühlte er sich in ein weiches, blaues Licht eingewickelt. Sein erster Gedanke war, dass er gestorben sein musste, denn Toya hatte ihn gewürgt, gerade als sie fielen. Als sie aus der Zeitlupe ausbrachen, verschwand der geheimnisvolle Nebel und sie landeten⦠hart. Toyas Hände waren immer noch an seiner Kehle.
Als seine Sinne wieder zurückkamen, griff Shinbe hoch zwischen Toyas Arme und konnte die Hände des Beschützers von seiner Kehle drücken.
Toya landete auf seinem Rücken, als Shinbe ihn wegstieÃ. Dabei erkannte er, wo sie waren. âWas zumâ¦?â Toya starrte hoch in die Dunkelheit und sah das Dach über seinem Kopf. Sie waren in Kyokos Zeit gesprungen? Shinbe war in Kyokos verdammter Zeit? âNein!â Toya knurrte laut als er sich von dem Holzboden hoch drückte und Shinbe sehr böse anstarrte. Keiner der Beschützer war jemals durch das Herz der Zeit gekommen, auÃer ihm. Er war der einzige Beschützer, der hier sein durfte. Eifersucht brachte Toyas Blut zum Kochen.
âJetzt werde ich dich wirklich umbringen!â Toya ging wieder auf Shinbe los und verpasste ihm einen harten Schlag gegen die Schläfe.
Aber Shinbe war nicht so schwach, wie er aussah. Er schüttelte seinen Kopf und streckte ein Bein aus, lieà sich schnell fallen und trat Toya in die Seite und brachte ihn zum Stolpern.
Toya knurrte als er seitlich gegen die Schreinwand krachte.
Shinbe lehnte sich gegen die Holzwand und rang nach Luft. Sein Mantel war an manchen Stellen zerrissen und sein Kopf dröhnte von Toyas Schlag. Er sah zu Toya hinüber, dem kein Schaden anzumerken war⦠sein einziger Ausdruck war stinkwütend.
Toya ging in die Hocke und schrie: âDu darfst hier nicht sein!â Er schoss auf Shinbe zu, aber krachte mit einem harten Schlag gegen die Wand, als Shinbe in letzter Sekunde in Deckung ging.
Toya war wohl stärker, aber Shinbe war schneller. Als er sich duckte, drehte sich Shinbe um und schoss einen Lebensenergiestrahl ab, der einen Gott verletzt hätte.
Toya wurde zurückgeworfen, aber durch seinen Zorn konnte er sonst nichts fühlen. Er wischte das Blut von seiner Lippe als er Shinbe mit Quecksilberaugen anstarrte. Er musste sich beruhigen, aber noch als der Gedanke in seinem Kopf auftauchte, wurde er von der Raserei verdrängt. Er wollte Shinbe verletzen, schwer. Er sah wie Shinbe sich nach vorne beugte, seine Hände auf seinen Beinen abstützte und schwer nach Luft rang. Er ergriff diese Chance um Shinbe am Mantel zu nehmen und aus der Tür des Schreinhauses zu werfen.
Beschützer konnte man nicht umbringen⦠wenigstens in der Theorie⦠es war eine Lüge. Hyakuhei hatte ihren Vater umgebracht und niemand war unsterblich. Shinbe schlitterte über den Kies, ehe er zum Halten kam und dann aufstand während er Blut und Dreck aus seinen Augen wischte.
*****
Kyoko lag im Bett und fragte sich, was sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Sie konnte Schläge und erstickte Schreie hören, also nahm sie an, dass Opa noch so spät auf war und fern sah. Sie fuhr beinahe aus der Haut vor Schreck, als Tama in ihr Zimmer stürmte.
âKyoko!â, Tama zeigte auf das Fenster. âJem⦠jemand kämpft in⦠im⦠im Gartenâ, er brachte die Worte kaum heraus, als Kyoko zum Fenster rannte und hinaussah. Sie konnte nicht wirklich etwas sehen, denn offenbar war der Lichtmast, der am Rand des Gartens gestanden hatte, weg.
Tama stand neben ihr und starrte hinaus in den Garten, gerade als ein Blitz aus Rot und Schwarz näher am Haus auftauchte, wo er durch das Licht der Haustür beleuchtet wurde.
Er zeigte hinunter: âEs, es istâ¦â
âToya!â, schrie Kyoko als sie fühlte, wie Panik sie ergriff. Mit wem kämpfte er⦠einem Dämon⦠in ihrer Welt? Sie sah zu als er plötzlich in die Luft gehoben wurde und rückwärts in den groÃen Baum geschleudert wurde, auf den sie als Kind immer geklettert war. Das Problem war⦠sie sah nichts, das ihn geworfen hatte, es sei denn er kämpfte mit einem Geist.
âTama, geh und wecke Opa auf. Ich muss Toya helfen.â Sie griff schnell nach ihrem Bogen und rannte zur Tür hinaus während Tama im Schock zurückblieb.
Sie rannte barfuà in den Garten, einen Gedankenpfeil schon im Bogen angelegt. Als sie versuchte, ihr Ziel auszumachen erschrak sie, als sie erkannte, dass da nicht ein Beschützer war, sondern zwei. Das lieà sie mitten im Schritt ruckartig anhalten.
âShinbeâ, flüsterte Kyoko als sie zusah, wie er gegen die AuÃenwand des Schreinhauses krachte. Sie hatte beinahe das Gefühl, dass sie den Stoà genauso fühlen konnte wie er, nur dass er bei ihr eine tiefe Delle in ihrem Herzen hinterlieÃ. Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung von der Seite wahr und richtete ihre grünen Augen dorthin. Es war Toya, und er war gerade dabei, Shinbe noch einmal anzugreifen.