«Ich weiß. «Sayer sah ihn bedrückt an.»Aber Raymond steht unter Erfolgszwang. Er wird auch Deportierte mitnehmen und den Anschein einer ordnungsgemäßen Besiedlung bieten.»
Bolitho lehnte sich zurück. Seine Augen nahmen nichts mehr wahr.
An jenem dritten Abend an Bord der Eurotas war er zu ihr in die große Kajüte gegangen. Sie teilte sie nur mit dem jungen Mädchen, das sie unter ihre Fittiche genommen hatte. Das bedauernswerte Geschöpf sprach kaum ein Wort, stand noch unter Schockeinwirkung und wurde von Entsetzen gepackt, wenn ein Mann nur in seine Nähe kam.
Aber für Vi ola tat sie alles.
Auch Raymond war eine eigene Kajüte zugeteilt worden, genau wie damals, als er auf Bolithos Schiff Passagier gewesen war. Doch diesmal bestand ein Unterschied. Verzweiflung, Sehnsucht und die überwältigende Erlösung, sich wiedergefunden zu haben, ließ sie beide alle Vorsicht vergessen.
Er konnte wieder Violas Stimme hören, als ob er mit ihr zusammen sei und nicht mit Sayer.
«Wir sind auf einem Geisterschiff, mein Geliebter. Ganz allein. Ich sehne mich so sehr nach dir, daß ich mich schäme. Und ich brauche dich so sehr, daß du dich vielleicht meiner schämst.»
Er kehrte in die Wirklichkeit zurück, als Sayer sagte:»Sie erhalten Befehl, die Eurotas zur Levu-Gruppe zu begleiten. «Sayer sah das Erschrecken in Bolithos Augen, versuchte, sich vorzustellen, was er unter ähnlichen Umständen empfunden hätte: gezwungen, die Frau, die er liebte, zu beobachten, aber unfähig, sich ihr zu nähern.»Dem Gouverneur stehen keine anderen Streitkräfte zur Verfügung, und Tuke könnte einen weiteren Überfall planen.»
«Ich werde ihn umbringen«, sagte Bolitho leise.
Sayer blickte zur Seite. Wen meinte er Tuke oder
Raymond?
Als Bolitho wieder sprach, klang seine Stimme gefaßt. Zu gefaßt.»Wieviel Zeit haben wir, Sir?«»Einige Tage. Da die Jahreszeit stürmischer wird und die Verzögerung bereits beträchtlich ist, muß alles nur noch schneller gehen. «Er versuchte, nüchtern zu sprechen.»Noch eines, Richard: Sie werden hier in Sydney nicht mit ihr zusammenkommen. «Er sah, wie Bolitho auffuhr.»Und als persönlichen Gefallen für mich möchte ich Sie bitten, an Bord zu bleiben, bis Sie Anker lichten. Außer in dienstlichen Angelegenheiten und Dingen, die Ihr Schiff betreffen, sollten Sie nicht an Land gehen. «Bolitho stand auf.»Verstehe.»
«Gut. Ich habe zu viel Respekt vor Ihnen, um Ihnen eine Predigt zu halten. Aber die Zeit vergeht, altes Leid wird vergessen. Sie werden Ihren ganzen Elan brauchen, Tuke ist ein bösartiger Pirat und kein Held, wie manche Legenden von ihm behaupten. Ich glaube, daß er seine speziellen Dienste hier irgend jemandem verkaufen will. Darum rüstet er sich auf unsere Kosten aus. Vielleicht sucht er durch einen Kaperbrief den Anschein der Legalität zu erwerben, als Söldner zu gelten, statt als gejagter Pirat. Das ist durchaus üblich. «Er senkte die Stimme.»Und dann haben Sie noch Raymond gegen sich, der Sie belauert und nur darauf wartet, daß Sie einen Fehler machen.«»Die Franzosen und Spanier sind schon lange an diesen Gewässern interessiert, wenn auch bisher ohne nennenswerten Erfolg«, sagte Bolitho. Er empfand nichts. Die Aussicht auf eine neue Mission, die Möglichkeit, Tuke zu stellen und zu vernichten, versetzte ihn nicht in Erregung. Sayer nickte.»In den letzten Depeschen war von Hungersnot und Aufruhr in Frankreich die Rede, sogar in Paris. Der König ist also zu beschäftigt, um sich mit uns zu befassen. Aber Spanien?«Er
Thomas Herrick schlürfte siedend heißen, bitteren Kaffee und sah Bolitho zu, der sich neben einer Seekarte Notizen machte.
Vor einer Woche waren sie wieder ausgelaufen, und Herrick war froh, wieder auf See zu sein und etwas zu tun, worauf er sich verstand. Sechs Tage lang hatten sie vor Anker gelegen, und es war schmerzlich gewesen zu beobachten, wie Bolitho sich bemühte, seine Sorgen zu verbergen, seinen Kummer für sich zu behalten, wenn er zu der verankerten Eurotas und der dahinterliegenden Stadt hinüberblickte. Selbst jetzt war Herrick nicht sicher, was Bolitho wirklich dachte. Für jeden, der ihn nicht so gut kannte, schien der Kommandant wie immer der aufmerksame, an seiner Umwelt interessierte Offizier zu sein. Sorgfältig studierte er die Karte, verglich seine Aufzeichnungen mit denen von Lakey, dem Steuermann.
Herrick wußte nicht viel von den Levu-Inseln, nur daß sie etwa zweihundert Meilen im Norden des Archipels lagen, wo sie die Eurotas zurückerobert hatten. Jetzt schleppten sie sich vorwärts, behindert durch das langsamere Handelsschiff, das die Tempest in Luv aufmerksam überwachte.
Bolitho blickte auf.»Erinnern Sie sich an den alten Mudge, Thomas?»
«Gewiß. «Herrick schmunzelte. Mudge war Steuermann auf der Undine gewesen.»Er muß der älteste Mann im Dienst des Königs gewesen sein, vielleicht überhaupt der älteste auf See. Sechzig Jahre hat er zugegeben, aber er ist nie darüber hinausgegangen. Schade, daß er nie Mr. Lakey kennengelernt hat. Wenn die beiden sich eines Tages im Himmel treffen, haben sie einander viel zu erzählen. «Bolitho war nachdenklich.»Er wußte eine Menge über diese Gewässer. Wie er mich zurechtwies, wenn ich befahl, alle Segel zu setzen Aber auch wie er knurrte, wenn wir so wie jetzt dahinkrochen!»