Remarque Erich Maria - Arc de Triomphe стр 6.

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»Der Kaffee war gut, was?«

»Sehr.«

»Kaffeemachen verstehe ich. Ich hatte so eine Ahnung, daß Sie ihn brauchten, deshalb habe ich ihn selbst gemacht. War was anderes als die schwarze Brühe, die Eugenie gewöhnlich produziert, wie?«

»Nicht zu vergleichen. Im Kaffeemachen sind Sie ein Meister.«

Veber stieg in seinen Wagen. Er startete und beugte sich aus dem Fenster. »Soll ich Sie nicht doch rasch absetzen? Sie müssen verflucht müde sein.«

Wie ein Seehund, dachte Ravic abwesend. Er gleicht einem gesunden Seehund. Aber

was soll das schon? Wozu fällt mir das ein? Wozu immer dieses Doppeldenken? »Ich bin nicht müde«, sagte er. »Der Kaffee hat mich aufgeweckt. Schlafen Sie gut, Veber.«

Veber lachte. Seine Zähne blitzten unter dem schwarzen Schnurrbart. »Ich gehe nicht mehr schlafen. Ich gehe in meinen Garten arbeiten. Tulpen und Narzissen setzen.«

Tulpen und Narzissen, dachte Ravic. In abgezirkelten Beeten mit sauberen Kieswegen dazwischen. Tulpen und Narzissen der pfirsichfarbene und goldene Sturm des Frühlings. »Auf Wiedersehen, Veber«, sagte er. »Sie sorgen ja wohl für alles andere.«

»Natürlich. Ich rufe Sie abends noch an. Das Honorar wird niedrig sein, leider. Kaum nennenswert. Das Mädchen war arm und hatte anscheinend keine Verwandten. Wir werden das noch sehen.«

Ravic machte eine abwehrende Bewegung.

»Hundert Frank hat sie Eugenie übergeben. Scheint alles zu sein, was sie hatte. Das waren fünfundzwanzig für Sie.«

»Gut, gut«, sagte Ravic ungeduldig. »Auf Wiedersehen, Veber.«

»Auf Wiedersehen. Bis morgen früh um acht.«

Ravic ging langsam die Rue Lauriston entlang. Wenn es Sommer gewesen wäre, hätte er sich im Bois irgendwo auf eine Bank in die Morgensonne gesetzt und gedankenlos in das Wasser und auf den grünen Wald gestarrt, bis die Spannung nachgelassen hätte. Dann wäre er ins Hotel gefahren und hätte sich schlafen gelegt.

Er trat in ein Bistro an der Ecke der Rue La Boissiere. Ein paar Arbeiter und Lastwagenchauffeure standen an der Theke. Sie tranken heißen, schwarzen Kaffee und tunkten Brioches hinein. Ravic sah ihnen eine Weile zu. Da war sicheres, einfaches Leben, ein Dasein, mit Fäusten anzupacken, auszuarbeiten, Müdigkeit abends, Essen, eine Frau und ein schwerer, traumloser Schlaf.

»Einen Kirsch«, sagte er.

Eine schmale, billige Kette aus Golddoublée hatte das sterbende Mädchen um den rechten Fuß getragen eine dieser Albernheiten, zu denen man nur fähig war, wenn man jung, sentimental und ohne Geschmack war. Eine Kette mit einer kleinen Platte und der Inschrift »Toujours Charles« um den Fuß geschmiedet, so daß man sie nicht abnehmen konnte; eine Kette, die eine Geschichte erzählte von Sonntagen in den Wäldern an der Seine, von Verliebtheit und dummer Jugend, von einem kleinen Juwelier irgendwo in Neuilly, von Nächten im September in einer Dachstube und dann kam plötzlich das Ausbleiben, das Warten, die Angst toujours Charles, der nichts mehr von sich hören ließ, die Freundin, die eine Adresse wußte, die Hebamme irgendwo, ein Wachstuchtisch, reißender Schmerz und Blut, Blut, ein verstörtes altes Weibergesicht, Arme, die einen rasch in ein Taxi drängten, um einen loszuwerden, Tage der Qual und des Verkrochenseins und schließlich der Transport, das Hospital, die letzten hundert Frank zerknüllt in der heißen, nassen Hand, und das: zu spät.

Das Radio begann zu plärren. Einen Tango, zu dem eine nasale Stimme blödsinnige Verse sang. Ravic ertappte sich, wie er die Operation noch einmal durchging. Er kontrollierte jeden Handgriff. Ein paar Stunden vorher wäre vielleicht noch eine Möglichkeit gewesen. Veber hatte telefonieren lassen. Er war nicht im Hotel gewesen. So hatte das Mädchen sterben müssen, weil er am Pont de lAlma herumstand. Veber konnte solche Operationen nicht selber machen. Der Irrsinn des Zufalls. Der Fuß mit der Goldkette, schlaff einwärts gedreht. »Komm in mein Boot, der Vollmond scheint«, quäkte der Quetschtenor im Falsett. Ravic zahlte und ging. Draußen hielt er ein Taxi an. »Fahren Sie zum Osiris.«

Die »Osiris« war ein großes, bürgerliches Bordell mit einer riesigen Bar in ägyptischem Stil.

»Wir schließen gerade«, sagte der Portier. »Niemand mehr da.«

»Niemand?«

»Nur Madame Rolande. Die Damen sind alle fort.«

»Gut.«

Der Portier stampfte mißmutig mit seinen Galoschen das Pflaster. »Wollen Sie das Taxi nicht behalten? Sie kriegen später nicht so leicht eines mehr. Hier ist Schluß.«

»Das haben Sie mir bereits einmal gesagt. Ich werde schon noch ein Taxi bekommen.«

Ravic steckte dem Portier ein Paket Zigaretten in die Brusttasche und ging durch die schmale Tür an der Garderobe vorbei in den großen Raum. Die Bar war leer; sie wirkte wie üblich nach einem kleinbürgerlichen Symposion Lachen von vergossenem Wein, ein paar umgeworfene Stühle, Zigarettenreste auf dem Boden und der Geruch nach Tabak, süßem Parfüm und Haut.

»Rolande«, sagte Ravic.

Sie stand vor einem Tisch, auf dem ein Haufen rosa Seidenwäsche lag. »Ravic«, sagte sie ohne Erstaunen. »Spät. Was willst du ein Mädchen oder etwas zu trinken? Oder beides?«

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