Das lieà ich mir nicht zweimal sagen und am Tag des Interviews ging ich in dem kleinen Hafen, zwei Stunden Fahrtzeit von Palma de Mallorca entfernt von Bord der Yacht meines Freundes. Ich verabschiedete mich von der Mannschaft und begab mich um 15:30 h zum Treffpunkt im Cafè de la Vista , gegenüber der Mole des überfüllten Yachthafens.
Dies war mit Sicherheit der spektakulärste Auftritt der jemals einem Journalisten zuteilwurde, der nur ein Interview machen wollte!
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Kurz vor der vereinbarten Zeit kam ein Audi 100 mit Düsseldorfer Kennzeichen. Das mussten sie sein: Vorne zwei Männer, auf dem Rücksitz die unvermeidliche Agentin, Aline Soulier. Enttäuschung machte sich breit: Wo ist sie? Nur ein kurzer Augenblick und hinter Aline kommt eine blonde Wolke zum Vorschein und beugt sich vor in Richtung Vordersitz. «Ciao, ich bin Claudia» sie reicht mir die Hand und lacht, ein Anblick, der einen in den Bann zieht, irgendwo zwischen einer Lolita und der Madonna.
Niemand steigt aus. «Ãberall lauern Paparazzi» flüstert mir die Agentin auf der kurzen Fahrt zum Haus, eine ziegelfarbene, einstöckige Villa, zu. Beim Eintreten betont Claudia dass bis zu diesem Tag kein Journalist jemals einen Fuà in das Haus der Schiffers gesetzt hat. Sie stellt vor: «Mein kleiner Bruder, meine
Schwester Caroline, meine Mutter». Eine sehr distinguierte Dame, ziemlich Deutsch, blonde kurze Haare, sogar noch etwas gröÃer als die 1,80 m groÃe Tochter. Beim Vorstellen fehlt der Vater, ein Düsseldorfer Rechtsanwalt, der im Hintergrund die Fäden zieht. Wenn man gut informierten Kreisen glauben darf, war er verantwortlich für den Erfolg seiner Tochter. Verdanken wir ihm die Entstehung eines Mythos der Schönheit?
Alles begann in einer Düsseldorfer Diskothekâ¦
Ich war sehr jung. Eines Abends sprach mich der Inhaber der Metropolitan Agentur an und fragte, ob ich Lust hätte, für ihn zu arbeiten...
Und wie haben Sie reagiert?
«Wenn es etwas Seriöses ist» habe ich geantwortet «dann sprechen Sie morgen mit meinen Eltern». Sie wissen ja, es gibt viele Anmachen in Discos, das hätte eine davon sein können, nicht mal besonders neu...
Haben Sie eine enge Beziehung zu Ihrer Familie?
Ja, eine sehr enge Bindung. Wir sind eine bodenständige Familie. Mein Vater ist Rechtsanwalt, meine Mutter hilft ihm in der Kanzlei. Mein Erfolg hat bei ihnen keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Sie sind nicht besonders leicht zu beeindrucken. Sie sind sehr stolz auf mich, das ja, aber für sie ist es nichts anderes als mein Beruf und sie erwarten von mir, dass ich meine Arbeit so gut wie möglich mache.
Und Ihre Geschwister, sind die nicht eifersüchtig?
Ach woher ! Sie sind vielmehr stolz auf mich. Besonders mein kleiner Bruder mit zwölf. Dann habe ich noch eine Schwester, sie ist neunzehn und geht auf die Uni; es gibt also keine Konkurrenz zwischen uns beiden. Dann ist da noch ein zwanzigjähriger Bruder: ein Freund.
Verbringen sie ihre Ferien immer gemeinsam mit ihnen auf Mallorca?
Ich liebe diesen Ort, seit ich Kind war.
Jetzt, nachdem Sie erwachsen sind, haben Sie scheinbar das eine oder andere Problem, wenn Sie in dieser Gegend spazieren gehenâ¦
In der Tat, die Paparazzi sind überall, sogar auf den Bäumen... es nervt. Jede meiner Bewegungen wird observiert, studiert, fotografiert, ... Urlaub ist das keiner, zumindest so gesehen! (sie lacht ).
Man nennt es den Preis des Ruhmes â¦
Ach ja, so ist es wohl, und trotzdem fahre ich oft mit dem Boot hinaus, mit der Mamma, mit meinen Brüdern. Auf dem Meer fühle ich mich sicher.
Ist es dort wirklich sicher?
Ach Sie meinen die Fotos âoben ohneâ? Ich weià wirklich nicht, wie das passieren konnte. Ich war auf dem Boot, zusammen mit der Mamma und meiner Schwester Carolina. Wir lagen vor Anker und haben uns gesonnt. Bei uns war noch Peter Gabriel, einer meiner guten Freunde...
Das haben wir mitbekommenâ¦
Ja, stimmt. Auch er war auf diesen Fotos. Ich möchte nicht da-rüber reden... ich habe bereits Anwälte eingeschaltet wegen der Schadenersatzklagen ...
Es wird gemunkelt, dass Sie Schauspielerin werden wollen.
Ich würde es gern mal probieren, das ist alles. Man bietet mir Drehbücher an und je mehr ich lese, umso mehr Lust bekomme ich, einen Versuch zu starten ... Heute habe ich Lust darauf, einen Film zu machen. Richtig Lust.
Aber Sie übernehmen keine Rolle im nächsten Jahr in Robert Altmans âPrêt-à -porterâ, einem Film, im Zeichen der Modewelt?
Es ist wirklich unglaublich. Die Weltpresse behauptet das immer wieder hartnäckig, aber es ist absolut unwahr. Und dann möchte ich keinen Film machen, in dem ich mich wieder selber spiele.
Wenn Sie die Wahl hätten zwischen dem Top-Model und der Schauspielerin, was würden Sie tun?
Model ist kein Beruf für ein ganzes Leben. Es ist ein Beruf für sehr junge Mädchen, den man nur wenige Jahre machen kann, etwa so wie Tennis spielen oder Schwimmen... d.h., man muss die Chancen nutzen, solange es geht. Danach würde ich gerne zurück an die Uni und Kunstgeschichte studieren.
Sie haben immer gesagt, Sie würden Ihre Privatsphäre verteidigen, koste es, was es wolle. Wenn Sie diesen Film über Ihr Leben drehen, in Ihrem Haus, im Haus Ihrer Eltern, empfinden Sie das nicht als Widerspruch?
Ich glaube nicht. Die wirklich privaten Momente sind es auch geblieben. Im Film sieht man das, was ich bewusst beschlossen habe, dem Publikum zu zeigen: meine Familie, meine Freunde, meine Ferien, meine Hobbies ... eben alles, was ich liebe. Und daneben die Reisen, der Catwalk, die Fotos, mit denen ich arbeite, die Pressekonferenzen...
Sie leben teils in Paris, teils in Montecarlo?
Im Grund genommen ist mein Wohnsitz Montecarlo und ich lasse keine Gelegenheit aus, dorthin zu fahren, wenn ich nicht arbeite, beispielsweise an den Wochenenden.
Reisen Sie immer in Begleitung Ihrer Agentin?
Normalerweise nicht. Ich brauche sie, wenn ich in Ländern arbeite, die ich nicht kenne. In Argentinien, Japan, Australien oder Südafrika. Bei diesen Gelegenheiten bin ich immer von vielen Fans umgeben, und dann sind da noch die Journalisten, Paparazzi...
Langweilen Sie sich auf den vielen Reisen?
Nein, denn ich lese gerne und mit einem Buch kann man sich immer die Zeit vertreiben, selbst im Flugzeug. Letztlich geht es hier um Arbeit und nicht um Urlaub!
Welche Art Bücher lesen Sie?
Vorwiegend Bücher über Kunst. Ich bevorzuge den Impressio-nismus und Pop Art. Ich habe auch eine Vorliebe für Geschichte und für die Biographien berühmter Männer. Ich habe die von Christoph Kolumbus gelesen â unglaublich!â
Man sagt Ihnen nach, Sie seien zur Hälfte Brigitte Bardot und zur anderen Hälfte Romy Schneider (Sissi). Sehen Sie sich in diesen beiden Figuren?
Ja. Aber nicht so sehr physisch betrachtet. Ich glaube vielmehr einige gemeinsame Charakterzüge zu haben, den Lebensstil... Die Bardot finde ich ganz auÃergewöhnlich, abgesehen von ihrer Schönheit, was für ein Charakter! Für Romy Schneider empfinde ich dagegen ein Gefühl der Verehrung. Ich habe alle ihre Filme gesehen und es war furchtbar, als sie starb. Nach einem so unglücklichen Leben ...
Wenn wir das Unglück mal weglassen, würden Sie die neue Romy Schneider sein wollen?
Noch so ein schönes Kompliment! Die einen sagen so, die anderen sagen so: Ãhnlichkeit mit der oder jenen schönen Frau. Das sind alles sehr schöne Komplimente, aber ich möchte vor allem ich selbst sein. Ich setze alles daran, ich selbst zu sein.
Träumten Sie als Kind von einem bestimmten Beruf?
Eine Karriere als Model hatte ich absolut nicht in der Planung. Ich wäre gerne Anwältin geworden.