Manu Bodin - Unter Der Sommersonne стр 5.

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Nachdem man sie wieder durchließ, konnten die Leute die unterirdische Station schließlich verlassen. Franck konnte Svetlana in dieser Flut von Menschen immer noch nicht entdecken. Er verfolgte weiterhin die chaotischen Aktionen des Pärchens. Dann drehte er sich um, um ein paar Kindern zuzusehen, die bei einem Karussell Freudenschreie ausstießen. Direkt daneben führte ein Clown eine Jonglier-Nummer vor. Er wurde von Touristen umringt. Rechts davon gab ein Mann den Rhythmus vor, indem er die Kurbel einer Drehorgel drehte. Was für eine anachronistische Atmosphäre! Der Charme war zu spüren. Trotz einer trostlosen Wettervorhersage entfaltete sich vor aller Augen der Zauber des Montmartre.

Als Franck wieder zur Metro-Station sah, kam eine Frau auf ihn zugelaufen. Es war Svetlana, Franck hatte sie nicht sofort erkannt. Sie trug die Haare, die an heute etwas gelockt waren, offen.

Svetlana hatte einen Trick, um ihren Haarschopf zu frisieren. Sie duschte und flocht sich danach Zöpfe, die sie später einen nach dem anderen wieder aufmachte. Dieser Vorgang erforderte sehr viel Zeit, aber die Frisur hielt fast drei ganze Tage. Svetlana hatte sich am Vorabend ihre langen Haare extra gewaschen, damit Franck auch ja die Löckchen bemerken konnte. Ihre Haare waren am Ansatz aschblond und an den Spitzen heller. Auf den ersten Blick wirkten sie eher hellbraun. Franck schien diese Frisur, die gerade mal über die Schultern reichte und diese besondere, natürliche Farbe zu gefallen.

Ihr unerwartetes Verhalten hatte Sanftmut erahnen lassen und Franck hatte sich sofort zu ihr hingezogen gefühlt. War er ein Opfer der Liebe auf den ersten Blick geworden, wie man es für gewöhnlich bezeichnete? Schwer zu sagen. Auf jeden Fall hatte ihn diese Erscheinung hypnotisiert, verführt und betört. Die echte Spontanität verbunden mit dem angeborenen und nicht zu leugnenden Charme, hatten ihn auf der Stelle überwältigt. Das eine ohne das andere hätte eine andere Wirkung gehabt.

Er hatte bereits Frauen von sehr großer Schönheit kennengelernt, die durch ihr hochmütiges und unfreundliches Verhalten, das sogar ein etwas zu großes materielles Interesse durchblicken ließ, alle ihre Reize zunichtemachte. Svetlanas Auftreten entpuppte sich als fröhlich, warmherzig und um eine Anmut bemüht, die sie von der Masse abhob.

Sie hatten sich mit einem Kuss auf jeder Wange begrüßt, beide gleichermaßen verlegen wie erfreut sich zu sehen. Sie hatte sich für ihre Verspätung entschuldigt. Franck war ihr deswegen nicht böse gewesen. Er hatte ihr bereits verziehen. Allein schon ihre Ausstrahlung hätte jedem depressiven Mann ein Lächeln auf das Gesicht zaubern können. Svetlana erschien ihm wie ein schöner Stern, der dem Polarlicht gleich den Himmel und die Erde in eine besondere, magische, einzigartige und grandiose Atmosphäre tauchte. Sie war wie eine Hymne auf das Leben.

Franck hatte sich gefragt, auf welchem Weg sie wohl am besten bis zum Sacré-Cœur laufen sollten. Sie hatten sich für die erstbeste Straße vor ihnen entschieden, wohlwissend, dass sie sich früher oder später eh an die ansteigende Straßen heranwagen mussten. Franck war schon zu zahlreichen Gelegenheiten hier gewesen, ohne jedoch jemals die gleiche Strecke zweimal gegangen zu sein. Es gab eine Vielzahl möglicher Wege. Er mochte dieses Viertel sehr. Er fand es wunderbar geeignet für einen romantischen Spaziergang, vor allem wenn die Sonnen den Tag mit ihrer Anwesenheit beehrte. Das wenig einladende Wetter, hatte sie nicht daran gehindert, sich zu treffen, weil der Wunsch sich kennenzulernen stärker war. Sie hatten ein bisschen über dieses und jenes gesprochen, so wie es oft der Fall war, wenn sich zwei Menschen verabredeten, um sich bei einem ersten Treffen näherzukommen. Jeder fragte den anderen aus, um ihn besser einschätzen zu können, um zu sehen, ob er richtig reagierte, ob er die Unterhaltung auf neue Themen lenkte. Svetlana hatte ihm eine Menge Banalitäten erzählt. Unter anderem gelang es ihr nicht, die Mailbox ihres Handys abzuhören. Die Anleitung, die bei der SIM-Karte dabei gewesen war, enthielt zu wenig nützliche Informationen. Da sie den gleichen Anbieter hatten, hatte Svetlana ihm das Telefon überlassen, damit er ihr erklärte, was sie machen musste. Aber das Menü war auf Russisch! Franck hatte es nicht geschafft, es zu bedienen. Es handelte sich um ein altes farbiges Nokia Handy, das schon viel mitgemacht hatte. Sobald der Sommer um wäre und sie etwas Geld zur Seite gelegt hätte, wollte sie sich ein Smartphone kaufen. Dann würde sie wieder mitmachen beim Run auf neue Technologien und vor allem wäre sie wieder ein Teil der Konsumgesellschaft Wer außer einem Steinzeitmenschen konnte sich dem entziehen? Dieser Evolutionsprozess gehörte zum Alltag. Niemand war gezwungen, die neueste Version eines Gerätes zu erwerben, nur wegen einer einfachen Designänderung und einer läppische Funktion, die als revolutionär dargestellt wurde; revolutionär vor allem für unser Portemonnaie. Franck hatte sein Samsung herausgeholt, ebenfalls ein sehr altes Model. Nachdem er das Menü durchsucht hatte, hatte er ihr die Zahlenkombination genannt, die man benötigte, um Zugriff auf die Mailbox zu bekommen.

Während sie ihre Sprachnachrichten abhörte, war Svetlana in Gelächter ausgebrochen. Nur drei Personen hatten ihre französische Nummer, denn sie kannte nur sehr wenige Leute in Paris und ihre Freunde kontaktierten sie über Internet. Die erste, die die Nummer bekommen hatte, war ihre ukrainische Kollegin, bei der zweiten handelte es sich um eine russische Freundin, die nach Frankreich gekommen war, um an der Westküste direkt am Meer in der Gastronomie zu arbeiten. Svetlana fände es schrecklich, so einen Job zu machen. Sie zog ihren vor, selbst wenn es ihrer Meinung nach noch nicht das war, was zu ihr passte. Der, der ihr zwei Nachrichten hinterlassen hatte, war niemand anderes als Franck der sich übrigens fragte, warum sie sich so sehr amüsierte. Er hatte ihr mitgeteilt, dass er sich am Treffpunkt befand und dass er hoffte, es ginge ihr gut. Franck betrachtete sie mit einem zärtlichen Blick, Svetlanas sonniges und spontanes Naturell gefielen ihm sehr.

Sie waren in so manche Gasse eingebogen, bevor sie erschöpft von den unzähligen Anstiegen, die sie hatten bewältigen müssen, an der Basilika angekommen waren. Der Platz war überfüllt. Während des ganzen Wochenendes fand eine Veranstaltung statt, bei der Kunststücke auf dem Skateboard vorgeführt wurden. Eine Menge Bereitschaftspolizisten sorgte durch ihre Anwesenheit für Sicherheit. Zwischen zwei Reihen von Absperrungen hindurch hatten sie den einzigen möglichen schmalen Weg genommen, der während der Veranstaltung den Zugang zu den Stufen des Bauwerks ermöglichte. Um bis zur Eingangshalle zu gelangen, hatten sie um die zögernden Touristen Slalom laufen müssen.

Im Inneren drängte sich die Menschenmenge. Sie waren gezwungen im Schritttempo zu gehen. Dieses langsame Vorankommen half ihnen dabei, sich von dem anstrengenden Hindernislauf zu erholen, den sie gerade absolviert hatten.

Obwohl sie nicht gläubig war, wenn es darum ging an die Göttlichkeit Jesus Christus zu glauben einem Mann, der zum Sohn Gottes erhoben worden war, damit die damalige Obrigkeit den Pöbel besser hatte kontrollieren können lehnte sie jedoch die Botschaft der Hoffnung, die voller edler Worte und Ideale für die Menschheit als Ganzen und jeden einzelnen Menschen war, nicht ab. Svetlana hinterfragte sich und suchte sich selbst. Sie fragte sich nach dem Wert des Lebens, nach dem Menschsein an sich, nach dem, was für sie am wichtigsten war. Trotzdem gefiel ihr das grandiose Schauspiel, das ihr das Innere bot. Sie hatten gerade die heiligen Hallen eines der letzten Meisterwerke betreten, das vom katholischen Frankreich erbaut worden war und hatten ihren Spaziergang dem Rundgang folgend fortgesetzt. Danach waren sie ins Kellergewölbe gegangen, um die Krypta zu besichtigen. Anschließend waren sie bis zur obersten Spitze hinaufgeklettert.

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