Shinbe sah wie silberne Flecken in Toyas goldenen Augen erschienen und lieà seinen Arm schnell wieder los. Mit einer ruhigen Stimme versuchte er seinen Bruder zu überreden: âWenn ich du wäre, würde ich das noch nicht tun, auÃer dir schmeckt der Boden.â Er verbarg sein Grinsen als er fühlte, wie Toya sich an den Zähmungszauber erinnerte.
Toya sah seinen Bruder nachdenklich an, bevor er sich von der Tür weg drehte und murmelte: âSie sollte es besser wissen, und gar nicht erst in so eine Verfassung geraten.â Plötzlich zuckte er zusammen und hielt seinen Kopf, wo Suki ihn gerade mit ihrer Drachentöter-Waffe getroffen hatte, als sie aus der Tür hinter ihm trat.
âAutsch, wofür zum Teufel war das wieder?â, fragte Toya mit einem bitterbösen Blick.
Suki stand nur da und schenkte ihm einen 'Du weiÃt wofür'-Blick. âSei nicht so überfürsorglichâ, sagte sie scharf, wissend, dass er sie nie verletzen würde. âKyoko hat mir erzählt, was letzte Nach passiert ist.â
Shinbe fühlte, wie sein Leben begann, vor seinen Augen vorbei zu flitzen. Er hörte auf zu atmen und wartete darauf, dass Toya ihn ermordete.
Suki fuhr fort: âIhre Freunde, auf der anderen Seite des Herzens der Zeit, haben sie auf ein Treffen mitgenommen, wo es Alkohol gab.â Sie machte eine Pause, um das wirken zu lassen. âSie trank nichts. Stattdessen aà sie eine Menge Früchte, nur um dann herauszufinden, dass diese in starkem Alkohol eingelegt gewesen waren.â Ihre Lippen zuckten: âAber dann war sie schon betrunken.â
Toya knurrte und drehte sich um, wollte hineingehen und sie für ihre Dummheit anschreien, aber wieder kassierte er einen schmerzhaften Schlag von Suki, der ihn anhalten lieÃ.
âLass sie in Ruhe, sie ist gerade wieder eingeschlafen. Und ich denke nicht, dass sie heute in der Verfassung ist, irgendwohin zu gehen. Also schlage ich vor, dass wir sie am besten hier lassen, damit sie sich ausruht. Wir können auch einen Tag lang ohne sie nach dem Kristall-Talisman suchen.â
Sie drehte sich um um Shinbe anzusehen und fragte sich, wieso er sich so komisch benahm. Normalerweise hätte er bis zum Mittag schon mindestens zehnmal versucht, sie zu begrapschen. âShinbe, geht es dir gut?â Sie machte einen Schritt auf ihn zu und starrte hoch in sein blasses Gesicht, sah, dass seine Augen ein wenig zu sehr glänzten.
Shinbe erwachte wieder zum Leben als er bemerkte, dass Suki so nahe an seinem Gesicht war. Schnell machte er einen Schritt zurück, dann dämmerte es ihm, was sie gesagt hatte. Er seufzte leise und schüttelte seinen Kopf: âWenn ich ehrlich bin, Suki, dann geht es mir auch nicht so gut.â Er brauchte es nicht einmal vorzutäuschen, denn so verwirrt wie er seit gestern Nacht war, hatte er wirklich das Gefühl, dass er seinen Verstand verlor.
Toya rümpfte die Nase über seinen Bruder: âJa du siehst echt dreckig aus. Vielleicht sollten wir dich hier lassen, damit du auf Kyoko aufpasst.â Er sah den violetten Beschützer mit sehr strengem Blick an. âAber wenn du sie auch nur berührst, dann wird sie es mir sagen.â In dem Wissen, dass seine Warnung laut und deutlich zu hören gewesen war, wandte sich Toya wieder an Suki âMöchtest du Kamui holen, oder soll ich?â, fragte er, denn er hatte nicht wirklich Lust, ihre Waffe wieder auf seinem Kopf zu spüren zu bekommen.
Suki zuckte die Schultern: âIch hole ihn. Duâ, sagte sie warnend und stieà einen Finger in seiner Brust, âbleibst hier drauÃen.â
Shinbe verschluckte sich an seinem Lachen und versuchte, nicht zu vergessen, dass er krank war. Wie hatte er das geschafft? Da er selbst ein Beschützer war, sollte Toya doch wissen, dass Beschützer nicht krank wurden⦠zumindest hatte er nie einen gesehen, der krank war. Trotzdem⦠die Vorstellung, bei Kyoko zu bleiben, mit ihr den ganzen Tag alleine zu sein⦠nun, die Versuchung war einfach zu groÃ.
Shinbe sah zu, wie Toya Löcher in Sukis Rücken starrte, als sie wegging um Kamui zu holen, aber er blieb drauÃen. In nur ein paar Minuten kam Kaen zu ihnen und spähte durch die Tür hinein zu Kyoko. Shinbe wusste, dass Kaen auf Kamui aufpassen würde, falls sie Probleme bekommen würden. Ein Beschützer für einen Beschützer, damit hatte er seinen Bruder oft aufgezogen.
Shinbe sah der Gruppe nach, bis sie auÃer Sichtweite waren. Er fühlte, wie sein Körper und Geist sich zum ersten Mal an diesem Morgen entspannten. Mit einem Seufzen drehte er sich um und ging zurück in die Hütte, wo Kyoko schlief.
Kyoko regte sich in ihrem Halbschlaf, ihre Gedanken wanderten zurück zur letzten Nacht. Zurück zu der Party, dem Versuch, so viel wie möglich von der wenigen Zeit, die sie in ihrer Welt hatte, mit Tasuki zu verbringen. Sie vermisste ihn wirklich, weil diese Welt so viel von ihrer Zeit beanspruchte. Sie hatte sich so sehr auf ihn konzentriert, dass sie nicht einmal bemerkt hatte, dass all die Früchte verdorben waren, ehe es zu spät war. Sie schmollte und fragte sich, ob Tasuki es die ganze Zeit über gewusst hatte.
Sie erinnerte sich nicht wirklich daran, wie sie zurück zu der Jungfernstatue gekommen war, oder auch zurück zur Hütte, wenn sie genau war. Aber sie erinnerte sich an Teile des Traums, den sie gehabt hatte⦠Shinbe. Kyoko driftete zwischen Wachen und Schlafen, ihre Gedanken gingen weiter, als wäre es ihnen egal, ob sie wach war oder schlief.
Sie hatte Shinbe immer gemocht, denn aus der kleinen Gruppe war er der Beschützer, mit dem es am lustigsten war, wenn er da war. Und er brachte sie immer zum Lachen, auch wenn er es nicht einmal versuchte. Aber er war nicht der Mann, der sich mit nur einer Frau begnügen würde. Offensichtlich hatte er Probleme. Aber in letzter Zeit hatte sie begonnen, ihn in einem neuen Licht zu sehen.
Kyoko warf sich im Schlaf hin und her. Es war einfach nicht fair. Sie liebte Toya aus tiefstem Herzen, aber nur selten bekam sie von ihm auch nur einen Schein dieser Gefühle zurück. Nun, Shinbe, auf der anderen Seite, war eine andere Geschichte. So wie Toya sie für jede Kleinigkeit anschrie, versuchte Shinbe immer, dafür zu sorgen, dass sie sich besser fühlte.
Es war beinahe so, als würde, je schlimmer Toya sich benahm, Shinbe umso netter werden, aber er tat so, als wäre es nichts als eine Freundschaft. Manchmal wunderte sie sich über ihn und das war es wohl gewesen, was zu den Träumen geführt hatte, die sie von ihm hatte. Bis zur letzten Nacht waren die Träume innerhalb gesunder Grenzen geblieben. Der Traum der letzten Nacht war völlig auÃer Kontrolle gewesen.
Sie wusste, dass Toya sie auf seine eigene Art und Weise liebte und wahrscheinlich sogar für sie sterben würde, aber er weigerte sich, seine wahren Gefühle zu zeigen. Sie kannte ihn nur, wie er so leicht böse wurde, und sie herumzukommandieren war einfach seine Art, die Tatsache zu verbergen, dass er um sie besorgt war. Manchmal verbarg er seine Gefühle so gut, dass sie es ihm beinahe glaubte. Und doch ertappte sie sich dabei, wie sie die beiden Männer verglich. Sie war immer in Shinbes und Toyas Nähe und beide Beschützer hatten ihre guten und schlechten Seiten.
Wenn sie davon träumte, wie Toya sie küsste, dann war es immer weich und süà und wurde nur manchmal hitzig. Bei Shinbe war das anders. In jenen Träumen küsste er sie an unvorstellbaren Plätzen und tat Dinge mit ihrem Körper, von denen sie nie gedacht hatte, dass sie sich so gut anfühlen konnten.
Sie seufzte im Schlaf. Aber es waren nur Träume⦠Kyoko rollte sich zu einem Ball zusammen und zitterte bei den Gedanken an den Traum der letzten Nacht. Wie ihr Körper unter dem seinen erbebt war, als er sie lustvoll geliebt hatte⦠sie wimmerte bei der Erinnerung daran. Wenn sie so von Shinbe träumte, hatte sie beinahe das Gefühl, als würde sie Toya betrügen.