Герман Гессе - Сиддхартха (На немецком языке) стр 28.

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Nichts fehlte ihnen, nichts hatte der Wissende und Denker vor ihnen voraus als eine einzige Kleinigkeit, eine einzige winzig kleine Sache: das Bewusstsein, den bewussten Gedanken der Einheit alles Lebens. Und Siddhartha zweifelte sogar zu mancher Stunde, ob dies Wissen, dieser Gedanke so sehr hoch zu werten, ob nicht auch er vielleicht eine Kinderei der Denkmenschen, der Denk-Kindermenschen sein mXchte. In allem andern waren die Weltmenschen dem Weisen ebenbXrtig, waren ihm oft weit Xberlegen, wie ja auch Tiere in ihrem zXhen, unbeirrten Tun des Notwendigen in manchen Augenblicken den Menschen Xberlegen scheinen kXnnen.

Langsam blXhte, langsam reifte in Siddhartha die Erkenntnis, das Wissen darum, was eigentlich Weisheit sei, was seines langen Suchens Ziel sei. Es war nichts als eine Bereitschaft der Seele, eine FXhigkeit, eine geheime Kunst, jeden Augenblick, mitten im Leben, den Gedanken der Einheit denken, die Einheit fXhlen und einatmen zu kXnnen. Langsam blXhte dies in ihm auf, strahlte ihm aus Vasudevas altem Kindergesicht wider: Harmonie, Wissen um die ewige Vollkommenheit der Welt, LXcheln, Einheit.

Die Wunde aber brannte noch, sehnlich und bitter gedachte Siddhartha seines Sohnes, pflegte seine Liebe und ZXrtlichkeit im Herzen, lieX den Schmerz an sich fressen, beging alle Torheiten der Liebe. Nicht von selbst erlosch diese Flamme.

Und eines Tages, als die Wunde heftig brannte, fuhr Siddhartha Xber den Fluss, gejagt von Sehnsucht, stieg aus und war Willens, nach der Stadt zu gehen und seinen Sohn zu suchen. Der Fluss floss sanft und leise, es war in der trockenen Jahreszeit, aber seine Stimme klang sonderbar: sie lachte! Sie lachte deutlich. Der Fluss lachte, er lachte hell und klar den alten FXhrmann aus. Siddhartha blieb stehen, er beugte sich Xbers Wasser, um noch besser zu hXren, und im still ziehenden Wasser sah er sein Gesicht gespiegelt, und in diesem gespiegelten Gesicht war etwas, das ihn erinnerte, etwas Vergessenes, und da er sich besann, fand er es: dies Gesicht glich einem andern, das er einst gekannt und geliebt und auch gefXrchtet hatte. Es glich dem Gesicht seines Vaters, des Brahmanen. Und er erinnerte sich, wie er vor Zeiten, ein JXngling, seinen Vater gezwungen hatte, ihn zu den BXern gehen zu lassen, wie er Abschied von ihm genommen hatte, wie er gegangen und nie mehr wiedergekommen war. Hatte nicht auch sein Vater um ihn dasselbe Leid gelitten, wie er es nun um seinen Sohn litt? War nicht sein Vater lXngst gestorben, allein, ohne seinen Sohn wiedergesehen zu haben? Musste er selbst nicht dies selbe Schicksal erwarten? War es nicht eine KomXdie, eine seltsame und dumme Sache, diese Wiederholung, dieses Laufen in einem verhXngnisvollen Kreise?

Der Fluss lachte. Ja, es war so, es kam alles wieder, was nicht bis zu Ende gelitten und gelXst ward, es wurden immer wieder dieselben Leiden gelitten. Siddhartha aber stieg wieder in das Boot und fuhr zu der HXtte zurXck, seines Vaters gedenkend, seines Sohnes gedenkend, vom Flusse verlacht, mit sich selbst im Streit, geneigt zur Verzweiflung, und nicht minder geneigt, aber sich und die ganze Welt laut mitzulachen. Ach, noch blXhte die Wunde nicht, noch wehrte sein Herz sich wider das Schicksal, noch strahlte nicht Heiterkeit und Sieg aus seinem Leide. Doch fXhlte er Hoffnung, und da er zur HXtte zurXckgekehrt war, spXrte er ein unbesiegbares Verlangen, sich vor Vasudeva zu Xffnen, ihm alles zu zeigen, ihm, dem Meister des ZuhXrens, alles zu sagen.

Vasudeva saX in der HXtte und flocht an einem Korbe. Er fuhr nicht mehr mit dem FXhrboot, seine Augen begannen schwach zu werden, und nicht nur seine Augen; auch seine Arme und HXnde. UnverXndert und blXhend war nur die Freude und das heitere Wohlwollen seines Gesichtes.

Siddhartha setzte sich zu dem Greise, langsam begann er zu sprechen. WorXber sie niemals gesprochen hatten, davon erzXhlte er jetzt, von seinem Gange zur Stadt, damals, von der brennenden Wunde, von seinem Neid beim Anblick glXcklicher VXter, von seinem Wissen um die Torheit solcher WXnsche, von seinem vergeblichen Kampf wider sie. Alles berichtete er, alles konnte er sagen, auch das Peinlichste, alles lieX sich sagen, alles sich zeigen, alles konnte er erzXhlen. Er zeigte seine Wunde dar, erzXhlte auch seine heutige Flucht, wie er Xbers Wasser gefahren sei, kindischer FlXchtling, willens nach der Stadt zu wandern, wie der Fluss gelacht habe.

WXhrend er sprach, lange sprach, wXhrend Vasudeva mit stillem Gesicht lauschte, empfand Siddhartha dies ZuhXren Vasudevas stXrker, als er es jemals gefXhlt hatte, er spXrte, wie seine Schmerzen, seine BeXngstigungen hinXberflossen, wie seine heimliche Hoffnung hinXberfloss, ihm von drXben wieder entgegenkam. Diesem ZuhXrer seine Wunde zu zeigen, war dasselbe, wie sie im Flusse baden, bis sie kXhl und mit dem Flusse eins wurde. WXhrend er immer noch sprach, immer noch bekannte und beichtete, fXhlte Siddhartha mehr und mehr, dass dies nicht mehr Vasudeva, nicht mehr ein Mensch war, der ihm zuhXrte, dass dieser regungslos Lauschende seine Beichte in sich einsog wie ein Baum den Regen, dass dieser Regungslose der Fluss selbst, dass er Gott selbst, dass er das Ewige selbst war. Und wXhrend Siddhartha aufhXrte, an sich und an seine Wunde zu denken, nahm diese Erkenntnis vom verXnderten Wesen des Vasudeva von ihm Besitz, und je mehr er es empfand und darein eindrang, desto weniger wunderlich wurde es, desto mehr sah er ein, dass alles in Ordnung und natXrlich war, dass Vasudeva schon lange, beinahe schon immer so gewesen sei, dass nur er selbst es nicht ganz erkannt hatte, ja dass er selbst von jenem kaum noch verschieden sei. Er empfand, dass er den alten Vasudeva nun so sehe, wie das Volk die GXtter sieht, und dass dies nicht von Dauer sein kXnne; er begann im Herzen von Vasudeva Abschied zu nehmen. Dabei sprach er immer fort.

Als er zu Ende gesprochen hatte, richtete Vasudeva seinen freundlichen, etwas schwach gewordenen Blick auf ihn, sprach nicht, strahlte ihm schweigend Liebe und Heiterkeit entgegen, VerstXndnis und Wissen. Er nahm Siddharthas Hand, fXhrte ihn zum Sitz am Ufer, setzte sich mit ihm nieder, lXchelte dem Flusse zu.

"Du hast ihn lachen hXren," sagte er. "Aber du hast nicht alles gehXrt. Lass uns lauschen, du wirst mehr hXren."

Sie lauschten. Sanft klang der vielstimmige Gesang des Flusses.

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