So naiv war ich damals noch.
Nachdem ich ihn gesehen hatte, kannte ich Gateway auf eine Weise, wie ich es aus den Statistiken nicht gekannt hatte. Die Statistiken sind ganz klar, und wir studierten sie, alle von uns, die als Prospektoren heraufkamen, und alle jene, die es sich nur wünschen konnten. Ungefähr achtzig Prozent der Flüge von Gateway erbringen nichts. Ungefähr fünfzehn Prozent kommen überhaupt nicht zurück. Es kommt also von zwanzig Personen im Durchschnitt eine von einem Flug mit etwas zurück, bei dem Gateway – bei dem die Menschheit im Allgemeinen – einen Gewinn erzielen kann. Und die meisten können noch von Glück sagen, wenn sie genug einnehmen, um auch nur die Kosten für ihre Anreise decken zu können.
Wenn man draußen verletzt wird … nun, das ist Pech. Das Terminal-Hospital ist so gut eingerichtet wie nur irgendeines sonst, aber man muss hingelangen, damit einem das etwas nützt. Man kann Monate unterwegs sein. Wenn man am anderen Ende der Reise verletzt wird – und da passiert das gewöhnlich –, kann für einen nicht viel getan werden, bis man nach Gateway zurückkommt. Und bis dahin kann es zu spät sein, einen wieder halbwegs zusammenzuflicken, und oft ist es auch zu spät, einen am Leben zu erhalten.
Für den Rückflug dahin, wo man hergekommen ist, wird übrigens nichts verlangt. Die Raketen kommen immer voller herauf, als sie zurückfliegen. Schwund nennt sich das.
Der Rückflug ist frei … aber wohin?
Ich ließ das Abwärts-Kabel in der Etage Tanja los, bog in einen Tunnel ein und stieß auf einen Mann mit Mütze und Armbinde. Firmenpolizei. Er sprach kein Englisch, deutete aber, und seine Größe war überzeugend; ich packte das Aufwärts-Kabel, fuhr eine Etage hinauf, suchte einen anderen Fallschacht und versuchte es noch einmal.
Der einzige Unterschied war, dass der Wachtposten diesmal Englisch sprach.
»Hier können Sie nicht durch«, sagte er.
»Ich möchte nur die Schiffe sehen.«
»Klar. Geht aber nicht. Sie brauchen ein blaues Abzeichen«, sagte er und tippte auf das seine. »Das sind Spezialisten des Unternehmens, Schiffsbesatzungen oder VIPs.«
»Ich gehöre zu einer Besatzung.«
Er grinste.
»Sie sind ein neuer Fisch von der Erde, nicht? Freund, Besatzungsmitglied sind Sie, wenn Sie für einen Flug eingeteilt sind, und nicht vorher. Gehen Sie wieder hinauf.«
»Sie verstehen doch, was mich bewegt, oder?«, erwiderte ich vernünftig. »Ich möchte nur mal einen Blick riskieren.«
»Das geht nicht, bis Sie Ihren Lehrgang abgeschlossen haben, aber bei dem kommen Sie manchmal hier herunter. Danach sehen Sie mehr, als Sie wollen.«
Ich debattierte noch ein bisschen, aber er hatte zu viele Argumente auf seiner Seite. Als ich nach dem Aufwärts-Kabel griff, schien aber der Tunnel plötzlich zu schwanken, und meine Trommelfelle dröhnten. Im ersten Augenblick dachte ich, der Asteroid explodiere. Ich starrte den Posten an, der nicht unfreundlich die Achseln zuckte.
»Ich habe nur gesagt, Sie können sie nicht sehen«, meinte er. »Ich sage nicht, Sie könnten sie nicht hören.«
Ich verbiss mir das ›Mensch!‹ oder ›Du guter Gott!‹, was ich eigentlich sagen wollte, und fragte: »Wohin fliegt das wohl?«
»Kommen Sie in einem halben Jahr wieder. Vielleicht wissen wir es bis dahin.«
Nun, das bot keinen Anlass zur Hochstimmung. Trotzdem erfüllte sie mich. Nach all den Jahren in den Nahrungsgruben war ich hier – nicht nur auf Gateway, sondern zur Stelle, wenn einige dieser furchtlosen Prospektoren sich auf eine Reise machten, die ihnen Ruhm und unvorstellbaren Reichtum bringen würde. Da kam es auf die Chancen nicht an. Das war wirklich Leben auf der Gipfelhöhe.
Ich achtete also nicht besonders auf den Weg und verirrte mich deshalb noch einmal. Ich erreichte Etage Babe zehn Minuten zu spät.
Dane Metschnikow entfernte sich von meiner Tür den Tunnel hinunter. Er schien mich nicht zu erkennen. Ich glaube, er wäre an mir vorbeigegangen, wenn ich nicht den Arm ausgestreckt hätte.