Фридрих Дюрренматт - Justiz стр 3.

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Isaak Kohler hatte sein Mandat niedergelegt, obschon seine Partei ihn zum Regierungsrat vorschlagen wollte (nicht zum Bundesrat, wie einige ausländische Zeitungen schrieben), hatte sich überhaupt aus der Politik zurückgezogen (von seiner Anwaltspraxis schon längst), verwaltete einen Ziegeltrust, der immer weltweitere Dimensionen annahm, linkerhand, amtete als Präsident verschiedener Verwaltungsräte, wirkte auch in einer Kommission der unesco, man sah ihn manchmal monatelang nicht in unserer Stadt, bis er an einem ungebührlich frühlingshaften Märztag im Jahre 1955 den englischen Minister B. durch unsere Stadt führte. Dieser Minister war privat gekommen, man hatte in einer Privatklinik sein Magengeschwür behandelt, nun saß er neben dem Alt-Kantonsrat in dessen Rolls-Royce und ließ sich, bevor er zurückflog, widerwillig doch noch die Stadt zeigen, vier Wochen hatte er sich standhaft geweigert, um sich nun zu fügen, sah gähnend nach den Sehenswürdigkeiten, die sich vorbeischoben, nach der Technischen Hochschule, der Universität, dem Münster, romanisch (der Kantonsrat lieferte Stichworte), der Fluß zitterte in der weichen Luft (die Sonne ging eben unter), der Quai war voller Menschen. Der Minister nickte ein, auf den Lippen noch den Geschmack der unzähligen Kartoffelpürees und der Birchermüeslis, die er in der Privatklinik genossen hatte, während er nun schon von Whisky pur träumte und die Stimme des Kantonsrats wie von weitem hörte, das Rollen des Verkehrs als ein noch ferneres Rauschen; eine bleierne Müdigkeit war in ihm und vielleicht schon die Ahnung, daß die Magengeschwüre doch nicht so harmlos seien.

«Just a moment«, sagte Dr.h.c. Isaak Kohler und ließ den Chauffeur Franz vor dem > Du Théâtre

«Zum Flughafen, Franz«, befahl Dr.h.c. Isaak Kohler.

Das Intermezzo seiner Verhaftung: es kann nicht ohne Schadenfreude erzählt werden. Einige Tische vom Ermordeten entfernt tafelte der Kommandant unserer Kantonspolizei mit seinem alten Freund Mock, der, ein Bildhauer, taub und in sich versunken, vom ganzen Vorgang auch später nicht das geringste wahrnahm. Die beiden aßen einen Potaufeu, Mock zufrieden, der Kommandant, der das > Du Théâtre

«Ich bin Arzt.»

«Rühren Sie ihn nicht an«, befahl der Kommandant ruhig,»wir müssen ihn zuerst mal fotografieren.»

Der Arzt beugte sich zum Professor, befolgte jedoch den Befehl.

«Tatsächlich«, stellte er dann fest.»Tot.»

«Eben«, antwortete der Kommandant ruhig.»Gehen Sie zurück an Ihren Tisch.»

Dann nahm er die Flasche Chambertin vom Tisch.

«Die ist requiriert«, sagte er und reichte sie dem Geschäftsführer.

«Jawohl. In der Tat«, murmelte der.

Darauf ging der Kommandant telefonieren.

Als er zurückkehrte, befand sich der Staatsanwalt Jämmerlin schon bei der Leiche. Er trug einen feierlichen dunklen Anzug. Er beabsichtigte, in der Tonhalle ein Symphoniekonzert zu besuchen, und hatte eben im Französischen Restaurant im ersten Stock zum Nachtisch eine Omelette flambée verzehrt, als er den Schuß hörte. Jämmerlin war unbeliebt. Jedermann sehnte seine Pensionierung herbei, die Dirnen und ihre Konkurrenz vom anderen Lager, die Diebe und Einbrecher, die ungetreuen Prokuristen, die Geschäftsmänner in Schwierigkeiten, aber auch der Justizapparat, von der Polizei bis zu den Anwälten, ja selbst seine Kollegen ließen ihn im Stich. Jedermann riß Witze über ihn: es sei kein Wunder, daß es in der Stadt jämmerlicher denn je hergehe, seit man Jämmerlin habe, jämmerlicher als in der Justiz könne es nicht mehr zugehen usw. Der Staatsanwalt stand auf verlorenem Posten, seine Autorität war längst untergraben, die Geschworenen widersetzten sich immer häufiger seinen Anträgen, die Richter desgleichen, und besonders hatte er unter dem Kommandanten zu leiden, der im Rufe stand, den sogenannten kriminellen Teil unserer Bevölkerung für den wertvolleren zu halten. Doch Jämmerlin war ein Jurist großen Stils, der durchaus nicht immer den kürzeren zog, seine Anträge und Repliken waren gefürchtet, seine Kompromißlosigkeit imponierte, sosehr sie verhaßt war.

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