Am Ende der Reihe sagte ein anderer gepreßt:»Ich bin Schäfer und vom Dienst freigestellt. «Er blickte sich suchend um, bis seine Augen an Brock hängenblieben.»Fragen Sie ihn, Sir. Der Stückmeister wird es bestätigen.»
Brock ging lässig auf ihn zu und hob seinen Stock.»Roll den Ärmel hoch!«Es klang gelangweilt, ja gleichgültig. Mehrere vergaßen ihr Elend
und beugten sich vor, um die Szene zu beobachten.
Der Mann trat einen halben Schritt zurück, aber nicht schnell genug. Brocks Hand packte sein grobes Hemd wie eine Stahlklaue und riß den Ärmel auf. Eine Tätowierung aus ineinanderverflochtenen Fahnen und Kanonen wurde sichtbar. Brock trat einen Schritt zurück und wiegte sich auf den Hacken.»Nur ein Seemann hat eine solche Tätowierung. «Er sprach langsam und ruhig.»Nur ein Mann, der auf einem Schiff des Königs gedient hat, konnte mich als Stückmeister erkennen.»
Ohne Warnung sauste sein Stock durch das trübe Sonnenlicht. Als er wieder neben ihm baumelte, blutete das Gesicht des Mannes, wo der Hieb es beinahe bis zum Knochen aufgerissen hatte. Der Stückmeister sah ihn gerade an.»Am meisten mißfällt es mir, wenn man mich für einen Dummkopf hält. «Er drehte sich um und dachte nicht mehr an den Mann.
Ein Matrose brüllte:»Wieder ein Signal vom Hügel, Sir. Noch eine Gruppe.»
Vibart steckte den Degen in die Scheide.»Sehr gut. «Seine Blicke glitten kalt über die zitternde Reihe.»Ihr nehmt einen ehrenhaften Dienst auf. Die erste Lektion habt ihr eben gelernt. Seht zu, daß ich euch keine zweite beibringen muß.»
Maynard trat zu ihm, sein Gesicht war bekümmert.»Ein Jammer, daß es keinen anderen Weg gibt, Sir.»
Vibart würdigte ihn keiner Antwort, wie schon den Mann, der wegen seiner Frau gebettelt hatte. Solche Äußerungen hatten weder Sinn noch Bedeutung.
Von nun ab zählte für diese Leute nur noch das Leben auf dem Schiff.
Bolitho nippte an seinem Portwein und wartete, bis das Mädchen den Tisch abgeräumt hatte. Er war seit so langem an magere und schlecht zubereitete Schiffskost gewöhnt, daß ihm der gute Lammbraten schwer im Magen lag.
An der gegenüberliegenden Tischseite trommelte sein Vater, James Bolitho, mit den Fingern ungeduldig auf die polierte Platte, ehe er einen langen Schluck trank. Er wirkte gezwungen, ja sogar nervös, seit sein Sohn das Haus betreten hatte. Bolitho betrachtete ihn schweigend.
Sein Vater hatte sich sehr verändert. Er hatte ihn in seiner Kindheit selten zu Gesicht bekommen und seitdem auch nicht oft. Eigentlich nur bei den seltenen Gelegenheiten, wenn er von fernen Kriegen und aus entlegenen Ländern nach Hause gekommen war, von Unternehmungen, über die die Kinder nur Vermutungen anstellen konnten. Dachte Bolitho an ihn, so hatte er einen hochgewachsenen und ernsten Mann in Marineuniform vor Augen, dessen Selbstdisziplin den Raum füllte, sobald er durch die vertraute Tür zwischen den Ahnenporträts trat: Männer wie er, wie sein Sohn, in erster Linie Seeleute.
Während Bolitho unter Sir Henry Langford als Midshipman fuhr, hörte er von der Verwundung seines Vaters. Es war in Indien geschehen, im Kampf um die sich rasch entwickelnden Kolonien. Er fand ihn alt und verbittert wieder. Aus der Stammrolle der Marine gestrichen zu sein, wie ehrenhaft auch immer, bedeutete für ihn mehr als der Verlust eines Armes. Es war, als habe man ihn des Lebens beraubt.
In Falmouth wurde er als aufrechter und gerechter Richter geachtet. Bolitho wußte jedoch nur zu genau, daß das Herz seines Vaters noch immer der See gehörte, den Schiffen, die mit den Gezeiten kamen und gingen.
Bolitho hatte einen Bruder und zwei Schwestern. Beide Schwestern waren nun verheiratet, eine mit einem Grundbesitzer, die andere mit einem Offizier der Garnison. Über Hugh, seinen älteren Bruder, hatten sie bis jetzt noch kein Wort gewechselt. Bolitho wartete, daß sein Vater sich äußern würde, denn wie er vermutete, war es Hugh, um den seine Gedanken vor allem kreisten.
«Ich habe dein Schiff einlaufen sehen, Richard. «Die Finger trommelten auf dem Tisch.»Eine feine Fregatte, und in Westindien wirst du für die Familie zweifelsohne Ehre einlegen. «Er schüttelte sorgenvoll den Kopf.»England braucht jetzt alle seine Söhne. Wir haben die ganze Welt zum Feind.»
Das Haus war totenstill. Nach dem Schwanken des Decks und dem Knarren der Rahen wirkte es wie eine andere Welt. Selbst die Gerüche waren anders. Es fehlten die Ausdünstungen zusammengepferchter Leiber, die Gerüche von Teer und Salz, von Kochdunst und Nässe.
Und es wirkte einsam. Bolitho dachte an seine Mutter. Jung und lebhaft, so stand sie ihm vor Augen. Er war auf See gewesen, als eine kurze, aber tödliche Krankheit sie hinraffte.
Sein Vater stand auf und trat an den Kamin. Über die Schulter sagte er schroff:»Das mit deinem Bruder hast du wohl schon gehört?»
Bolitho straffte sich.»Nein. Ist er denn nicht auf See?»
«Auf See?«Sein Vater schüttelte den Kopf.»Nun ja, ich habe es dir nicht mitgeteilt. Vermutlich hätte ich es dir schreiben sollen, aber im tiefsten Herzen hoffte ich noch immer, daß er seine